...jedoch ist die Dunkelziffer bei sexueller Gewalt an Kindern sehr hoch. Das heißt, dass sich Statistiken nur auf bekannt gewordene bzw. angezeigte Fälle beziehen können.
Hier finden Sie einen Überblick zu relevanten Studien zu Gewalt an Kindern und in der Familie in Österreich und Studien zur Online Sicherheit.
Hier finden Sie Infos zu aktuellen themenbezogenen Veranstaltungen wie Konferenzen und Fachtagungen, aber auch Ankündigungen über neues Kampagnenmaterial und Publikationen.
Die Dunkelziffer, also die Zahl der nicht gemeldeten und daher nicht bekannten Fälle, ist bei sexueller Gewalt an Kindern sehr hoch. Das heißt, dass sich Statistiken nur auf bekannt gewordene bzw. angezeigte Fälle beziehen können. Expert*innen sind jedoch in der Lage, Schätzungen vornehmen, die das Dunkelfeld berücksichtigen. So geht man z.B. davon aus, dass weltweit jedes vierte Mädchen und jeder achte Bub mindestens einmal während der Kindheit bzw. Jugend Opfer eines sexuellen Übergriffs wird (UNICEF 2014). Noch schwieriger ist es, genaue Zahlen zu kommerzieller sexueller Ausbeutung zu eruieren. Die betroffenen Kinder nehmen sich selbst oft nicht als Opfer wahr, da sie häufig von Täter*innen manipuliert werden. Auch Scham und Angst verhindern eine Meldung an Behörden. Zudem fehlen eine einheitliche Definition von kommerzieller sexueller Ausbeutung und spezifische Methoden zur Datenerfassung. Das Ausmaß der seelischen und körperlichen Verletzungen durch diesen Missbrauch kann aber ohnehin nicht in Zahlen gemessen werden. Für ECPAT ist schon EIN Kind, das sexuell ausgebeutet wird zu viel.
Sechs von zehn Kindern zwischen zwei und 14 Jahren erleben regelmäßig körperliche Strafen. Dies sind etwa eine Milliarde Kinder weltweit (UNICEF 2014). Etwa jedes vierte Mädchen im Alter von 15 bis 19 Jahren weltweit berichtet, dass es körperlichen Übergriffen ausgesetzt war. Sieben von zehn Opfern haben nie Hilfe gesucht, um die Übergriffe zu stoppen (UNICEF 2014). In Österreich gab es 2018 nach § 206 und § 207 StGB zu „(schwerem) sexuellen Missbrauch von Unmündigen“ 140 Verurteilungen (Statistik Austria, 2018).
Eine Studie der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO 2017) geht weltweit von 24,9 Millionen Menschen in Zwangsarbeitsverhältnissen aus, wobei rund 6,2 Millionen (25%) minderjährig sind. Diese Art von Arbeitsverhältnis wird definiert als "Arbeit oder Dienst, die von Menschen unter der Bedrohung physisch, psychisch oder finanziell bestraft zu werden und gegen den eigenen Willen vollzogen wird". Davon sind 4,8 Millionen (19%) Personen von sexueller Ausbeutung betroffen.
Nach einer Schätzung der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) waren 2016 weltweit ca. 40 Millionen Menschen Opfer von Menschenhandel, davon fast 25 Millionen von Zwangsarbeit betroffen. 2016 waren nach Angaben von UNODC 49% aller Betroffenen von Menschenhandel weiblich und rund 30 % Kinder unter 18 Jahre (UNODC, 2018). Im Zeitraum 2015-2016 berichtet die Europäische Kommission von 20.532 behördlich registrierten Fällen von Menschenhandel in der EU, davon seien insgesamt 68% der Betroffenen weiblich, 23% minderjährig, und 2% zwischen 0 und 11 Jahre alt. Die Mehrheit (56%) der registrierten gehandelten Opfer wurden sexuell ausgebeutet, von den weiblichen Opfern seien es insgesamt 77%. Innerhalb Österreichs wurden 2017, laut Angaben vom Bundeskriminalamt, 121 Personen als Betroffene des Menschenhandels identifiziert (BKA, 2017).
Die Internet Watch Foundation ging im Jahr 2018 von weltweit 105.047 Webseiten mit Darstellungen von sexuellem Missbrauch von Kindern aus. Im Vergleich zum Vorjahr bedeutet dies ein Anstieg um 25%! (IWF, 2018). Eine Analyse von nicht identifizierten Opfern aus der Interpol Child Sexual Exploitation Image Database (ICSE DB) hat ergeben, dass Missbrauchsdarstellungen 64,8% Mädchen, 31,1% Jungen und die restlichen 4,1% Kinder beide Geschlechter enthielten. In Darstellungen mit Buben, war der Inhalt tendenziell grausamer. Innerhalb dieses Datensatzes waren 93,9 Prozent der Kinder weiß, und wo das Alter bestimmt werden konnte, war die größte Gruppe vorpubertär (56,2%) (ECPAT International, 2018). In Österreich gingen 2019 bei der Meldestelle „Stopline“ 6.167 Hinweise zu Missbrauchsdarstellungen ein, 2670 der gemeldeten Darstellungen wurden als illegal eingestuft. (Stopline, 2020). Im Vergleich dazu kam es 2017 bei insgesamt 524 Delikten in nur 222 Fällen – nach § 207a StGB – Pornographische Darstellungen Minderjähriger – zu Verurteilungen (Statistik Austria, 2018).
Ein Erwachsener oder ein Jugendlicher nützt bei einer sexuellen Ausbeutung seine körperliche, geistige und emotionale Überlegenheit aus, um seine eigenen Bedürfnisse durch sexuelle Handlungen mit oder an Kindern zu befriedigen. Fast immer kommen die Täter*innen aus dem nahen sozialen Umfeld des betroffenen Kindes oder Jugendlichen. Die individuelle Prävention, die bei den Kindern und Jugendlichen sowie deren Betreuungspersonen durch Sensibilisierung und Wissensvermittlung beginnt, ist ein wichtiger Schritt zur Verhinderung von sexuellen Übergriffen.
Dabei wird oft die Bedeutung der "strukturellen Prävention" in Organisationen bzw. Institutionen vergessen. Ausführliche Informationen zur "strukturellen Prävention" in Organisationen erhalten Sie hier.
Seit 1997 ist Kindesmissbrauch, der von österreichischen Staatsbürger*innen bzw. in Österreich dauerhaft lebenden Ausländer*innen im Ausland begangen wird auch in Österreich strafbar und die Täter*innen können hierzulande vor Gericht kommen (§64 StGB). Das gilt selbst, wenn die Tat im entsprechenden Ausland nicht als Verbrechen gesehen wird! Dennoch ist die Zahl der Verurteilungen sehr gering, da die österreichischen Behörden zu wenige Hinweise über Vergehen im Ausland erhalten. Dies hat zum einen mit Problemen bei der grenzüberschreitenden Kooperation von Strafverfolgungsbehörden, bei der Beweissicherung, aber auch mit dem Mangel an Meldungen zu tun.
Seit 1989 ist in Österreich Gewalt in der Erziehung verboten, 2011 wurde das Gewaltverbot sogar in den Verfassungsrang gehoben. Durch das Gesetz ist es Eltern untersagt, jegliche Gewalt als Erziehungsmittel anzuwenden und dem Kind körperliche oder seelische Leiden zuzufügen, was Artikel 19 der Kinderrechtskonvention entspricht. In der Realität sieht es leider anders aus: Noch immer wissen Studien zufolge 30 Prozent der Eltern über das Gewaltverbot in der Erziehung nicht Bescheid; die Hälfte gibt zu, ihre Kinder mit „leichten, körperlichen Strafen“ wie Ohrfeigen zu erziehen. Weltweit haben lediglich 39 Länder alle Formen der Gewalt gegen Kinder verboten.
Gewalt an Kindern 2020
Bereits zum vierten Mal im Abstand von ca. 4-5 Jahren führte die möwe – Kinderschutzzentren – eine repräsentative Befragung zur Einstellung und Bewusstsein zu Gewalt an Kindern in der österreichischen Bevölkerung durch.
Das Recht auf eine gewaltfreie Kindheit
1077 – 2014 – 2019 : Ergebnisse eine umfangreichen Nachfolgestudie der Gewaltverbotsstudie.
Gewaltverbotstudie 2014
25 Jahre gesetzliches Gewaltverbot – eine Zwischenbilanz. Die Studie wurde durch das Bundesministerium für Familien und Jugend gemeinsam mit den Kinder- und Jugendanwaltschaften Österreichs in Auftrag gegeben und finanziert.
Gewaltprävalenz-Studie Österreich 2011
Österreichische Prävalenzstudie zur Gewalt in der Familie und im nahen sozialen Umfeld. Befragt wurden insgesamt 1.292 Frauen und 1.042 Männer, insgesamt 2.334 Personen im Alter zwischen 16 und 60 Jahren zu vier zentralen Gewaltformen: psychische Gewalt, körperliche Gewalt, sexuelle Belästigung und sexuelle Gewalt.
Sexting Studie 2015
Safer Internet befragte Jugendliche zwischen 14-18 Jahren zu Erfahrungen und Motiven rund um das Thema „Sexting“.
Kriminalstatistik 2019
Polizeiliche Opferstatistik und Gewaltprävalenzstudie 2011 vom Österreichisches Institut für Familienforschung
Was hat sich in Österreich in den Bereichen Kinderschutzkonzepte, Kinderschutz im Tourismus und Kinderhandel getan?
7. Dezember 2023 - Wien (OTS) - ECPAT Österreich, eine führende Organisation im Bereich des Kinderschutzes, feiert ihr 20-jähriges Jubiläum und zieht Bilanz. Seit der Gründung im Jahr 2003 setzt sich ECPAT Österreich – Arbeitsgemeinschaft zum Schutz der Rechte der Kinder vor sexueller Ausbeutung – bei seinen vier Kernthemen unermüdlich für den Schutz von Kindern ein: im Tourismus, im digitalen Raum, beim Kampf gegen Kinderhandel sowie im Bereich Kindeschutzkonzepte. Vieles wurde erreicht, dennoch bestehen Herausforderungen und Lücken - nicht zuletzt bei der Grundfinanzierung.
„ECPAT Österreich hat gerade in Bereichen, in denen wenige andere tätig sind, eine bedeutende Rolle im Kinderschutz eingenommen und setzt sich dafür ein, der sexuellen Gewalt an Kindern in allen Formen und Bereichen ein Ende zu setzen. Nach mehr als 20 Jahren können wir auf wesentliche Erfolge, aber auch auf viele Herausforderungen zurückblicken. Besonders freuen wir uns über unseren Beitrag zur Systemveränderung, wie zum Beispiel die weite Verbreitung und die teilweise gesetzliche Verankerung von Kinderschutzkonzepten sowie auch die Etablierung spezialisierter Schulungen betreffend Kinderhandel seit 2005“, freut sich Mag.a Waltraud Gugerbauer, Geschäftsführerin von ECPAT Österreich, im Zuge der 20-Jahr-Feierlichkeiten. „Nichtsdestotrotz fehlt es an finanziellen Ressourcen und inhaltlicher Unterstützung für eine effektive Umsetzung von Kinderschutzmaßnahmen in Österreich. Kleine Organisationen, die einen wesentlichen Beitrag zum Schutz der Kinder leisten, können dies nicht weiterhin „gratis“ tun.“
1. September 2023 - Nach mehr als 20 Jahren Aufbauarbeit bei ECPAT Österreich - der Arbeitsgemeinschaft zum Schutz der Rechte der Kinder vor sexueller Ausbeutung - übergibt Mag.a Astrid Winkler am 1. September 2023 die Geschäftsführung an ihre langjährige Wegbegleiterin Mag.a Waltraud Gugerbauer.
Astrid Winkler hat mit ihrem unermüdlichen Engagement ECPAT Österreich mehr als 20 Jahre lang sowohl als Geschäftsführerin wie auch fachlich geleitet. Es ist ihr gelungen, ECPAT Österreich als Fachstelle für Sensibilisierung und Prävention betreffend die sexuelle Ausbeutung von Kindern im Kontext von Reisen, durch Kinderhandel sowie im Online-Bereich zu etablieren. Astrid Winkler hat als Pionierin schon früh auf die Relevanz des institutionellen Kinderschutzes und damit von Schutzkonzepten, die alle Gewaltformen umfassen, aufmerksam gemacht und somit das Bewusstsein zu Kinderschutz in Österreich wesentlich mitgestaltet.
„Ich freue mich sehr, dass es durch das EU-Projekt SAFE PLACES gelungen ist, hierzulande Schutzkonzepte als zentrales Element des Kinderschutzes bekannt zu machen. Gemeinsam mit dem Bundesverband Österreichischer Kinderschutzzentren und dem Netzwerk Kinderrechte haben wir echte Pflöcke eingeschlagen, die hoffentlich das Fundament bilden werden, um ein stabiles, nachhaltiges Schutzgebäude zu errichten. Dazu braucht es eine bundesgesetzliche Verpflichtung, ein Bundes-Kinderschutzgesetz sowie die entsprechenden Ressourcen“, sagt Astrid Winkler, die auch in Zukunft ECPAT Österreich als Expertin zur Verfügung stehen wird.
Mit Waltraud Gugerbauer hat ECPAT Österreich eine versierte Nachfolgerin gewinnen können, die seit 4 Jahren bei ECPAT Österreich das EU-Projekt „Safe Places“ geleitet hat und mit der Initiative Safe Places weiterführt. Waltraud Gugerbauer ist Organisationsentwicklerin, hat Lehrgänge im Bereich Supervision und Coaching absolviert und verfügt über Fachexpertise in der Prävention und Intervention bei sexualisierter Gewalt gegen Kinder und Jugendliche. Sie ist Trainerin und Beraterin für die Erarbeitung und Umsetzung von (Kinder-)Schutzkonzepten.
„Es ist eine große Freude, dass ich die Verantwortung für die Leitung von ECPAT Österreich übernehmen darf! Es gibt viele Bereiche, wo der Schutz von Kindern und Jugendlichen vor Gewalt verbessert werden muss: Schutzkonzepte brauchen Qualität und Ressourcen – eine Verpflichtung alleine reicht nicht aus, das gilt es mit Nachdruck zu vermitteln. Wir haben nicht nur ein enormes Problem mit der zig-millionenfachen Verbreitung von Darstellungen sexueller Gewalt an Kindern im Internet, wir haben auch einen gesetzlichen Rahmen, der es ermöglicht, dass 40% der deutschsprachigen „User“ dieser Darstellungen bei einer Umfrage im Darknet laut eigenen Angaben bereits vor dem 14. Geburtstag damit in Kontakt kamen, die Hälfte der „User“ versehentlich. Das darf nicht so stehenbleiben, und wir werden mit unseren internationalen ECPAT-Partner*innen intensiv für Änderungen weiterarbeiten. Ebenso bleiben die Bereiche Kinderschutz im Tourismus und Kampf gegen Kinderhandel im Fokus. Astrid Winkler hat ein engagiertes Team aufgebaut, gemeinsam engagieren wir uns mit dem Ziel, Gewalt an Kinder zu verringern. Jedes einzelne Kind, für das wir etwas erreichen können, zählt!“, sagt Waltraud Gugerbauer als neue Geschäftsführerin.
Blogbeitrag von Astrid Winkler, Geschäftsführerin ECPAT Österreich
1. Juli 2022 - Die Missbrauchsfälle der letzten Wochen führen uns allen und den politisch Verantwortlichen mehr als deutlich vor Augen, was passiert, wenn „Vorbeugung & Prävention“ im Kinderschutz vernachlässigt werden. ECPAT Österreich hat sich diesbezüglich in den letzten Wochen mehrfach medial zu Wort gemeldet, u.a. auch in einer gemeinsamen Presseaussendung mit den Österreichischen Kinderschutzzentren. Erstmals wurden auch Stimmen aus der Politik laut. Und wie so oft ruft die Politik nach einfachen und raschen Lösungen. Es kann doch nicht sein, dass „Kinder- und Jugendbetreuung ohne erzieherischen Anspruch“ ein so genanntes, freies Gewerbe ist, das ohne jeglichen Befähigungsnachweis, jeder Mann oder jede Frau, ohne Überprüfung starten kann. Hingegen Fremdenführer*innen sogar verpflichtet werden, einen Ausweis mitzuführen, der ihre Qualifikation und Eignung darlegt.
Daher werden wir von ECPAT Österreich weiterhin die politisch Verantwortlichen in die Pflicht nehmen, damit endlich auch in Österreich ein bundesweiteres Kinderschutzgesetz, gemeinsam mit Expert*innen ausgearbeitet und verabschiedet wird. Es ist höchst an der Zeit, Kindern und Jugendlichen - sowie all jenen, die mit ihnen und für sie tätig sind - hierzulande durch ein bundesweites Kinderschutzgesetz jene Wertschätzung angedeihen zu lassen, die sie verdient haben und die ihnen gesetzlich zusteht, nicht zuletzt durch die UN-Kinderrechtskonvention.
Den aktuellen Blogartikel von Astrid Winkler in voller Länge und unsere Forderung zum bundesweiten Kinderschutzgesetz finden Sie hier.
5. Mai 2021 – „Unsere Hauptaufgabe ist es, gegen die sexuelle Ausbeutung von Kindern zu kämpfen“, sagt Astrid Winkler, GF von ECPAT Österreich im umfassenden ATV-Interview.
Der Beitrag thematisiert den sexuellen Missbrauch von Kindern und die Problematik der Herstellung und Verbreitung von Missbrauchsdarstellung besonders über das Internet – etwa via Live-Stream. „Besonders Kinder aus armen Ländern des globalen Südens werden für den sexuellen Missbrauch via Live-Stream rekrutiert und ausgebeutet“, so Winkler. „Der Grauslichkeit sind keine Grenzen gesetzt.“
Der Beitrag „Ungelöst – Cold Case Austria“ (Folge 4) kann im Video 3 und 4 nachgeschaut werden: https://www.atv.at/ungeloest-cold-case-austria/folge-4/d3389625/
Nicht wegsehen: Melden Sie jegliche Hinweise und Verdachtsfälle von sexuellem Missbrauch unter www.nicht-wegsehen.at
8. März 2021 – Heute ist Weltfrauentag. Das Motto der UN für 2021 lautet „Frauen in Führungspositionen: Für eine ebenbürtige Zukunft in einer COVID-19-Welt“.[1] Das Motto soll hervorheben, dass die Aufgabenlast der Frauen während der Covid-19-Pandemie deutlich gestiegen ist: Von den 49 Millionen Pflegekräften in der EU, deren Infektionsrisiko besonders hoch ist, sind etwa 76 Prozent Frauen.[2]Zudem tragen mehrheitlich Frauen die Lasten der Vereinbarung von Homeoffice, Homeschooling und Hausarbeit. Das Europäische Parlament[3]weist darauf hin, dass sich das Geschlechtergefälle in der EU durch die Pandemie verschärft hat. Die Auswirkungen der Pandemie könnten die bisher erzielten Fortschritte gefährden und weltweit weitere 47 Millionen Frauen und Mädchenin die Armut abrutschen lassen.[4]
Prekäre Verhältnisse sowie Armut für Frauen und Mädchen bedeuten immer auch einen Anstieg an Gewalt. Europäische Daten[5]belegen: Ein Drittel aller Frauen haben seit ihrem 15. Lebensjahr körperliche und/oder sexuelle Gewalt erfahren. Ca. 50 Frauen sterben pro Woche durch häusliche Gewalt.
Bereits im Spätherbst war deutlich zu erkennen, dass die Pandemie das Risiko für Frauen und Mädchen, Gewalt zu erfahren, noch einmal verstärkt hat. Durch die Ausgangsbeschränkungen ist es für Opfer von häuslicher Gewalt schwieriger geworden, Hilfsangebote in Anspruch zu nehmen.
Und last but not least, hat der enorme Anstieg an Internetnutzung durch die Pandemie auch die geschlechtsspezifische Gewalt und den Missbrauch von Kindern und insbesondere von Mädchen im Internet[6]massiv ansteigen lassen. Die EU-Polizeibehörde EUROPOL gibt an, dass die Online-Verbreitung von Material über sexuellen Missbrauch von Kindern während der Coronavirus-Pandemie "stark zugenommen" hat – und zwar um dramatische 106 Prozent.[7]
Das sind traurige Daten zum aktuellen Frauentag. ECPAT appelliert daher an die EU, rasch die gesetzlichen Grundlagen für Kinderschutz im Netz zu stärken, indem eine tragfähige, gesetzliche Lösung für das Aufspüren von Missbrauchsmaterial gefunden wird (mehr Info hier). Und die österreichische Bundesregierung möge dafür Sorge tragen, dass die Schutzunterkünfte und Hilfsdienste für von Gewalt betroffenen Frauen und Kindern mit ausreichend finanziellen Mitteln ausgestattet sind, um die entsprechenden Einrichtungen nachhaltig abzusichern.
September 2020 – 5 Jahre nach Verabschiedung der Agenda 2030, ist es wichtiger denn je, über die Umsetzung der Agenda 2030 und den Zielen mit direktem Bezug zur sexuellen Ausbeutung von Kindern zu sprechen. Denn noch immer sind Millionen Kinder weltweit von Gewalt in allen Formen betroffen. Und das obwohl fast alle Staaten dieser Welt die UN-Kinderrechtskonvention ratifiziert haben.
"Viele Staaten ignorieren einfach, dass laut WHO über eine Milliarde Kinder im Alter von 2 bis 17 Jahre physische, emotionale oder sexuelle Gewalt erleben müssen. Gewalt an Kindern ist eine schwerwiegende Menschenrechtsverletzung, hat nachhaltige, negative Auswirkungen auf Gesellschaften und verursacht auch massive 'ökonomische Kosten', wie internationale Organisationen berechnet haben. Gerade auch im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie und dem Anstieg an häuslicher Gewalt an Kindern und dramatischen Zunahme an sexuellen Missbrauchsdarstellungen online, appellieren wir an die Bevölkerung und politische Entscheidungsträger*innen in Österreich nicht wegzusehen, sondern zu handeln. Wir brauchen auch eine 'Fridays for Violence-free Childhood' Bewegung", fordert Astrid Winkler, Geschäftsführerin von ECPAT Österreich.
ECPAT Österreich ist Mitglied bei SDG Watch Austria und fordert gemeinsam mit den Mitgliedsorganisationen von ECPAT International die Zielvorgaben (5.2, 5.3, 8.7 und 16.2) mit direktem Bezug zur sexuellen Ausbeutung von Kindern dauerhaft umzusetzen:
Weitere Informationen: www.sdgwatch.at und www.ecpat.org
16. Oktober 2019 – Die erste große Kinderrechtskonferenz in Ungarn stellte das „From silence to word – Pannonhalma Children's Rights Symposium“ in Pannonhalma (Ungarn) dar, das am 15. Oktober 2019 stattfand. Es wurde gemeinsam von der Erzabtei Pannonhalma und der Hintalovon Child Rights Foundation, die u.a. als Kooperationspartnerin von ECPAT Österreich in Ungarn für die lokale Beratung von Organisationen bei der Entwicklung und Umsetzung von Kinderschutzkonzepten fungiert, organisiert. Ziel der Konferenz war es zu verdeutlichen, dass Kinderschutz eine gemeinsame Angelegenheit kirchlicher und säkulärer Bereiche ist.
Insgesamt nahmen 500 Teilnehmer*innen, mehrheitlich aus dem Bildungssektor in Ungarn, aus dem kirchlichen Bereich wie auch dem säkularen, an der Konferenz teil. Die Organisator*innen hatten mit 200 Teilnehmer*innen gerechnet. Das mehr als doppelt so viele Menschen an dem Symposium teilnahmen, verdeutlicht das sehr große Interesse am Thema Kinderschutz im Bildungssektor in Ungarn.
ECPAT Geschäftsführerin Astrid Winkler hielt eine der Eröffnungsreden bei dem Symposium und war auch als Kinderschutz-Expertin auf einer Podiumsdiskussion vertreten.
Astrid Winkler betonte in ihrer Rede: „Alle Länder müssen Verantwortung übernehmen und alle Bereiche und Sektoren, in denen Kinder betreut und versorgt werden, dazu verpflichten, Kinderschutzkonzepte und -standards zu entwickeln und umzusetzen. Kinderschutzrichtlinien sind ein wichtiges Element, um die "Kultur des (Ver)Schweigens" in Strukturen zu brechen. Wie kann es sein, dass Regierungen Standards für zahlreiche Bereiche (Bsp. Auto) vorschreiben, inklusive deren regelmäßige Überprüfung, aber für jene Strukturen - öffentliche wie private - die regelmäßig und kontinuierlich Kinder betreuen und versorgen, eine gesetzliche Verpflichtung zu Kinderschutz bzw. Kinderschutzkonzepten fehlt?“
Der Abt der Erzabtei Pannonhalma, Cirill Hortobagyi, hielt fest, dass das für den Orden positiv besetzte Prinzip des Schweigens im Zusammenhang mit Kindesmissbrauch innerhalb der Kirche ins Böse verkehrt wurde: "Wir müssen das wieder korrigieren, wir dürfen nicht dazu schweigen! Kindesmissbrauch beschädigt die menschliche Würde.“
Ein weiteres wichtiges Signal aus der Kirche stellte die Anwesenheit von Mons. Robert W. Oliver, ein Vertreter der Kommission zum Schutz der Minderjährigen des Vatikan, dar. Er bestärkte, dass für Papst Franziskus Kinderschutz die oberste Priorität habe.
Wichtig und bewegend war die Rede eines jungen Mannes, heute 25 Jahre alt, der in seiner Zeit in einem Elitegymnasium in Ungarn vier Jahre lang massiver psychischer Gewalt einer Lehrerin ausgesetzt war. Weder die Schule noch die Mitschüler*innen haben ihn geschützt bzw. unterstützt. Nun macht er gerade seinen vierten Studienabschluss, ist politisch hochaktiv und auch ein Aktivist für Umweltfragen und gegen Mobbying in der Schule tätig.
28. Juni 2019 - Am Mittwoch, 3. Juli, wollen FPÖ und ÖVP das Verbot von Sexualpädagogik durch externe Vereine an Schulen im Parlament beschließen. ECPAT Österreich stellt sich gemeinsam mit vielen weiteren Vereinen und Expert*innen gegen das Verbot! Wir fordern die Beibehaltung und den Ausbau einer qualitätsvollen Sexualpädagogik unter Einbindung von Experten und Expertinnen und unterstützen die Initiative #redmadrüber!
Kinder und Jugendliche brauchen, neben der sexuellen Bildung aus dem bekannten Umfeld, die Möglichkeit in ihrer Entwicklung ergänzend von externen Expert*innen aus dem Feld der Sexualpädagogik begleitet zu werden. Externe Sexualpädagogik steht hier nicht alleine, sondern soll Lehrkräfte und Eltern unterstützen.
Sexualpädagogik ist gelebter Kinderschutz. Täter*innen, die Kinder missbrauchen, gehen gezielt und manipulativ vor und nutzen die Unwissenheit von Kindern aus. Der Großteil der Täter und Täterinnen ist den Kindern bekannt. Kinder brauchen altersgemäße Aufklärung und müssen über ihre sexuelle Selbstbestimmung Bescheid wissen, um zu erkennen, wann Grenzen im realen oder digitalen Lebensraum überschritten werden. Nur so haben sie die Möglichkeit, sich geschulten Personen anzuvertrauen und rechtzeitig Hilfe zu erhalten.
Hier finden Sie das Statement Sexualpädagogik externer Vereine in Schulen, das auch der Verein ECPAT Österreich unterzeichnet hat.
Hier finden Videos zur Initiative #redmadrüber.
Hier können Sie eine Petition gegen das geplante Verbot unterzeichnen.
04. und 05. Juni 2019 – Anfang Juni hat in Bukarest die Konferenz “BETTER AND SAFER CARE - Increasing the quality of social services for children” von Concordia Social Projects in Rumänien und Concordia Academia stattgefunden. Teilgenommen haben rund 60 Kinderschutzexpert*innen aus Rumänien, der Republik Moldawien sowie Bulgarien, Behördenvertreter*innen ebenso wie Kinder und Jugendliche.
ECPAT Österreich war in Kooperation mit dem BVOEKiSZ (Kurzform: Bundesverband Österreichische Kinderschutzzentren) im Rahmen der Konferenz für den Workshop "Prevention of Violence against Children" verantwortlich. Einen Bericht zum Workshop finden Sie hier.
Martina Wolf, Geschäftsführerin BVOEKiSZ, hielt ein Kurzreferat im Rahmen des Eröffnungspanels. Astrid Winkler, Geschäftsführerin ECPAT Österreich, fasste die Ergebnisse des Workshops "Prevention of Violence against Children" im Schlusspanel zusammen.
Parallel zum von ECPAT und BVOEKiSZ gehaltenen Workshop fand auch ein "Workshop for Children and Young People on Young People Participation in Child Protection and Policy Development” statt. Die Ergebnisse dieses Workshops wurden ebenfalls im Schlusspanel vorgestellt: Die Jugendlichen wussten sehr gut über die Thematiken "Gewalt und Missbrauch" Bescheid. Sie konnten die Gewaltformen differenzieren und wussten, wie sich selbst schützen können. Wichtig war dennoch, das "Backup" durch Erwachsene, die für Fragen und Diskussion zur Verfügung stehen sollten. Ähnlich wie kürzlich bei einer Studie in Österreich, zeigte sich auch bei den rumänischen Jugendlichen eine hohe Toleranz gegenüber Gewalt im Netz, und zwar sowohl als Betroffene/r e auch als Zeug*in. Auch hier zeigte sich das Phänomen, dass es als "uncool" gilt, sich als "Opfer" zu deklarieren.
Fotos von der Konferenz und vom Workshop, der von Astrid Winkler und Martina Wolf gehalten wurde, finden Sie hier.